Montag, 2. Januar 2017

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Der Groundhopper*






Es gibt eine besondere Spezies abseits der Polizei, die einen Fussballfan besonders nervt: der Groundhopper. Ich möchte hier mal aus meiner Sicht darlegen, warum das so ist.



Der Groundhopper ist jemand, der sich eine Broschüre namens „Groundhopping-Informer20XX“ kauft, um dort möglichst viele Seiten mit möglichst vielen Kreuzchen zu verzieren. Diese Broschüre, die von geschäftstüchtigen Menschen zu deren eigenen Belustigung bzw. finanzellen Absicherung aufgelegt wurde ist die Bibel und der Reisepass eines Groundhoppers. Dort sind nämlich die Länder, ihre Verbände und die Vereine samt Adressen, manchmal auch die Spieltermine, angegeben. Super. Und je älter die angemaxelte Ausgabe, desto krasser der Hopper.



Damit beginnt der Groundhopper wie ein Paninialbumpickerljunkie (nur sammelt er eben Kreuzerln in einer Broschüre) seine Lebensplanung. Er interessiert sich ja irgendwie für Fussball und geht gerne mal „auf den Fussballplatz“. Das ist natürlich immer noch ein Unterschied zur „Ich schaue mir Fussball an“ Mentalität echter Fussballfans die nur dann vielleicht zu anderen Spielen gehen, wenn die eigene Mannschaft nicht spielt, aber das weiss der Groundhopper ja nicht. Weil er meist keine eigene Mannschaft hat, der er folgt. Gut, er ist sicher Fan irgendeines superdupertollen Vereines wie Barca, Bayern, Manchester oder so, schaut sich die Partien aber nur auf Sky-Sport an weil es zu zeitaufwändig wäre, neben dem Groundhoppen noch ins Stadion seines Vereines zu gehen. Ein Leiberl seiner Lieblingsultragruppe oder seines Lieblingsvereins tuts auch. Ausserdem ist es auch schweineteuer, man muss sich nur vorstellen, dass man für den Eintritt bei einem Spiel von  Bayern gut und gerne 15 Kreuzerln in der „Kreisklasse 7, 2. Staffel südnordost“ in Tschechien oder Aserbaidschan – wahlweise auch am Südpol – machen kann. Inklusive guter Stadionwurst, die man natürlich gemeinsam mit der Eintrittskarte fotografieren und bewerten muss.



Ja die Bewertung. DIE ist gaaanz gaanz wichtig. In Zeiten sozialer Medien hat jeder Groundhopper der etwas auf sich hält einen eigenen Blog oder eine eigene Facebookseite. Natürlich mit den „Karten & Wurst“ Fotos, lustigen Bildern von Einheimischen und den üblichen Fotos von minderjährigen Mädels in luftiger Kleidung – weil Fussball ist ja auch weiblich.



Also bewertet er: Originalität des Groundes. Fangruppen Ja oder Nein. Wenn ja, welche Gesänge haben sie – Achtung: sie dürfen nirgendwo anders zu hören sein denn sonst sind sie nur „nachgemachte Fans“. Und das gibt schwer Minuspunkte. Und bitte ja nichts, das man auf Youtube hören kann. Das ist ganz, ganz schlecht, weil man diese Gesänge ja schon selber auf der eigenen FB Seite oder dem eigenen Blog online hat. Dann noch die Transparente. Wenn sie nicht ansprechend und möglichst einzigartig gestaltet sind – verpönt sind Fahnen in den Landesfarben mit Stadt/Vereinsbezeichnungen, das ist so „Achzigerjahre-Ossistyle“ – dann fallen sie auch durch, dasselbe gilt für Schwenkfahnen, die auch vorhanden sein müssen denn sonst ist die Fangruppe ja nicht „uldra“ und damit uninteressant. Und zum Schluss muss die „Stadionwurst“ (was auch immer das sein soll) gut schmecken und bitte möglichst wenig bis gar nichts kosten. Überhaupt: Die beste Bewertung bekommt ein Verein wenn man alles gratis bekommt. Immerhin bewertet man ihn ja auf seiner superwichtigen FB Seite oder seinem urcoolen Blog, wo 17 andere Menschen permanent auf die Berichte warten.



Nun war der Wessihopper auf dem Platz, hat sich 45 Minuten lang „grottenschlechten Kick“ angesehen und darf sein Kreuzerl (wir erinnern uns: der „Groundhopping Informer 20XX“ muss ja vollgemalt werden) machen – weil er muss ja noch auf einen anderen, superwichtigen weil total unbekannten anderen „Ground“ (sowas Sportplatz oder Stadion zu nennen ist auch so total 80er-Jahre). Wie das Spiel ausgeht kann man dann ja auf der jeweiligen Verbandsseite oder diversen Internetmedien entnehmen wenn nicht eh noch ein anderer Wessihopper dort ist, der es lieber gemütlicher angehen lässt und sich doch tatsächlich das ganze Spiel anguckt. Aber vielleicht war er ja schon auf dem von dir als superwichtig empfundenen Ground längst  und amüsiert sich darüber, dass du Depp dort noch nicht warst.



Wenn der Hopper dann erschöpft zu Hause ankommt (weil man muss ja auch mal arbeiten gehen) tippt er seine Eindrücke kurz mal in den Computer und kündigt an, seine „superkrasse Hoppingtour“ in den nächsten Tagen – er ist ja in einem Büro beschäftigt und kann dort am Computer gemütlich seine „Hausaufgaben“ vom Wochenende machen – online stellen. Das muss bis Mittwoch erledigt sein denn am Donnerstag wird die nächste superkrasse Hoppingreise ins Ausland geplant wo schliesslich immer irgendwo ein Derby oder eine total brandheisse Partie ist und man dann noch andere Vereine „mal eben so“ mitnehmen kann. Mit strenger Bewertung, versteht sich. Achja: Bayern hat übrigens auch wieder einmal gewonnen. Toll. Da freut sich der Hopper weil – „Mia san mia, FC Bayern – Stern des Südens ! Wir ham die besten Fans der Liga.“ (Hausaufgabe: Bitte den entsprechenden Lieblingsverein selbstständig eintragen. Danke !). Das Wochenende war perfekt.



Und da wir alle wissen, dass alle Groundhopper diesem Klischee entsprechen und sie es auch wissen, dürfen sie jetzt grammatikalisch falsche – aber ehrlich von Herzen kommende – Texturen ankreuzen und mir den vollkommen perfekt korrigierten Text beim nächsten Besuch mitbringen. Das hat zwei Vorteile: Sie können mir ein „du kannst nicht Deutsch du Spacko“ entgegenrufen und ich habe keine grosse Mühe, einen „Groundhoppingkasperl“ gleich zu erkennen. Win-Win Situation wie ich finde.



P.S.: Die Geschichte vom Fahnenhopper dürft ihr euch bei eurem geliebten „ultras.ws“ durchlesen. Und verschont mich bitte mit dem lustigen „Wie werde ich ein Ultra“ Youtubevideo, weil – ihr habt keine Ahnung was es heisst, einem Verein ein Leben lang anzuhängen ! Also lasst es lieber bleiben.











*) gemeint ist  damit der durchschnittliche Wessihopper ! Wobei nein, eigentlich alle !