Dienstag, 23. August 2016

Fällt da der letzte Vorhang ?

Ottensen

Spielverbot nach mehr als 100 Jahren für Teutonia 05

Verein Teutonia 05 darf neuen Kunstrasenplatz nach Anwohnerprotest nur eingeschränkt nutzen. Lärmschutz trifft auch andere Clubs.


Hamburg. Den Fußballplatz des 1905 gegründeten Vereins Teutonia 05 an der Ecke Hohenzollernring/Tönsfeldstraße nennen viele in Altona liebevoll "Kreuze". Eben weil er umrahmt von vielen Wohnhäusern direkt an der Kreuzkirche liegt. Seit Jahren kämpfte der Verein für einen neuen Kunstrasenbelag, der sich intensiver nutzen lässt als der Grandplatz und damit Zukunftspotenzial bietet. Schließlich sagte die Stadt 500.000 Euro zu, im Januar dieses Jahres war die Einweihung. Statt 32 konnte der Verein nun 38 Mannschaften melden, darunter viele Jugendmannschaften. Doch die Freude währte nicht lang, der neue Kunstrasen erweist sich jetzt als Belastung. Vor allem von einer Anwohnerin gab es immer wieder Lärm-Beschwerden. Und sie drohte schließlich mit einer Klage. Mit Erfolg: Denn nach der derzeitigen Gesetzeslage ist für eine Umwandlung in einen Kunstrasenplatz eine eigenständige Baugenehmigung notwendig. Juristisch umstritten ist noch, ab wann dann ein Bestandschutz gilt oder ob strengere Lärmschutzregeln für völlig neue Anlagen Anwendung finden.
In der Baugenehmigung wurde daher bereits auf mögliche Einschränkungen verwiesen – was aber wohl niemanden bisher so recht gekümmert hat. "Es gab da wohl auch im Bezirksamt ein Kommunikationsproblem", sagt der Altonaer CDU-Stadtplanungsexperte Sven Hielscher. Doch die Anwohnerin pochte auf die neue Regelung, schaltete das Verbraucherschutzamt ein. Das Bezirksamt musste schließlich reagieren und verwies den Verein jetzt, wenige Tage bevor der Spielbetrieb der Jugendmannschaft beginnt, auf die neue Regelung: Mit dem Training muss nun um 21 Uhr Schluss sein. Und sonnabends darf der Platz nur 300 Minuten, sonntags sogar nur noch 180 Minuten bespielt werden. Inklusive Aufwärmzeit und Mittagsruhe von 13 bis 15 Uhr. Die Folge für den Verein: Für sechs oder sogar sieben Mannschaften gebe es nun keine Möglichkeit mehr für Heimspiele, sagt Vereinschef Diddo Ramm. "Aber hier im Westen der Stadt gibt es auch keine Ausweichplätze mehr."
Doch nicht nur in Altona erweist sich die Umwandlung in Kunstrasen als Bumerang: Im Bezirk Wandsbek leidet der TSV Sasel unter der Lärmgesetzgebung, weil ein Anwohner sich wegen des Lärms beschwert. Auch in Sasel ist der Grandplatz für rund 900.000 Euro durch einen neuen Kunstrasenplatz ersetzt worden, und das bringt die neueren, schärferen Lärmvorschriften in Geltung. Der Bonus für "Altanlagen" entfällt.

Massive Einschränkungen des Spielbetriebes

Der Anwohner hatte unter Berufung auf diese Rechtslage beim zuständigen Bezirksamt Wandsbek sogar die Stilllegung der Anlage beantragt. Gespräche laufen, aber Einschränkungen des Spielbetriebes gibt es noch nicht.
Wandsbeks Bezirksamtsleiter Thomas Ritzenhoff (SPD) bestätigte, dass das vorliegende Lärmgutachten nicht für die abschließende Beurteilung von eventuell notwendigen baulichen Lärmschutzmaßnahmen ausreiche. Ein neues Gutachten ist in Arbeit und soll in den nächsten Wochen vorliegen. Der Vorsitzende des TSV Sasel, Marcus Benthien, rechnet nun damit, dass eine Lärmschutzwand gebaut werden muss. Sie könnte die volle Länge und eine Stirnseite des Platzes einnehmen, sodass bei entsprechender Höhe schnell 500.000 Euro fällig würden.
Auch beim TSC Wellingsbüttel hatte eine Anwohnerklage das Bezirksamt zu massiven Einschränkungen des Spielbetriebes bewogen, obwohl dort eine sechs Meter hohe Lärmschutzwand bereits fertig war. Es fehlte aber der gutachterliche Nachweis, dass die Wand auch wirksam war und die vorgeschriebenen Lärmwerte auch tatsächlich eingehalten werden. Messungen mussten die Lücke schließen. Nach drei Jahren eingeschränkten Spielbetriebes konnte der Streit im Herbst 2014 befriedet und der Spielbetrieb wieder voll aufgenommen werden.
Auch das Bezirksamt Altona setzt nun auf ein neues Lärmgutachten, um die Spielzeiten wieder ausweiten zu können. Bezirkspolitiker Hielscher: "Aber letztlich brauchen wir die Toleranz der Bürger, damit Breitensport in der Stadt überhaupt noch möglich ist."